Die Streuobstwiese "Herzbohnengarten / Breitlau" in Steinegg

Auf dem Foto ist ein Kind zu sehen, dass mit einem Apfelerntegeräte Äpfel vom Baum schüttelt. Erntehelfer 2021 (Foto: Gitta Giese)

Streuobstwiesen sind altes Kulturgut und wir haben eine besondere Verantwortung für den Erhalt dieser Kulturlandschaft. Hier bei uns im Südwesten stehen die größten Streuobstbestände Europas. Früher gab es solche Wiesen in fast jedem Ort, heute sind sie selten geworden. Dabei leben bis zu 5.000 Tier- und Pflanzenarten in diesem einzigartigen Lebensraum. Für uns Menschen liefern sie über 1.000 Obstsorten und leckere Säfte.

In den letzten Jahrzehnten sind sehr viele Streuobstwiesen durch Wohnbebauung, Gewerbegebiete und intensiv genutzte Wiesen zerstört worden. Viele weitere der bestehenden Streuobstwiesen verfallen schlichtweg. Denn die Pflege von Streuobstwiesen ist mühselig: Obstbäume müssen geschnitten und junge Bäume nachgepflanzt werden, um Mahd oder Beweidung muss man sich kümmern.

Aktuelles zur Wiese

Auch auf unserer Streuobstwiese fühlen sich Wühlmäuse bisher sicher. Das soll sich ändern und Mauswiesel können uns dabei helfen. Als Unterschlupf haben wir Mauswieselkästen im Unterholz untergebracht und hoffen auf baldige Bewohner.

Die Geschichte unserer Streuobstwiese

Auf dem Foto ist eine Streuobstwiese mit blühenden Bäumen zu sehen. Die Wiese steht in voller Blüte...  (Gitta Giese)

Der Anfang – Kartierung der Obstbaumbestände

Aus dem Kartenmaterial einer von uns durchgeführten dreijährigen Obstbaum-Kartierung wurde 1989 ersichtlich, dass Streuobstwiesen auch im BIET  hochgradig gefährdet sind. Die vorhandenen Streuobstwiesen in Ortsrandlagen wurden über die Jahre hinweg sukzessive gerodet, damit Baugebiete entstehen konnten. Einzelne Bäume standen kümmerlich in der Landschaft. Größere Ausnahmen im Biet waren Streuobstwiesen am Fuße des NSG Büchelberg, auf den Rittern in Tiefenbronn-Mühlhausen und in Schellbronn.

Das Ziel - Erhalt und Erweiterung der Bestände im BIET

Dafür suchten wir in der Öffentlichkeit Partner*innen und Paten*innen. Mit zwei öffentlichen Veranstaltungen in Tiefenbronn - Lehningen und Neuhausen 1990/91 machten wir auf den Wert einheimischer Streuobstwiesen und ihre Bedrohung im hiesigen Raum aufmerksam. Mit Unterstützung des Naturschutzbeauftragten des Enzkreises konnten wir Bürgermeister und Behördenvertreter für eine exemplarische Pflanz- und Pflegepatenschaft für eine Streuobstwiese gewinnen.

Als erster Schritt wurde der Flächennutzungsplan für ein Baugebiet im Gewann „Breitlau“ in Steinegg verkleinert, damit die bereits vorhandene Wiese für die geplante Pflanz- und Pflegepatenschaft erhalten bleiben konnte. Im gleichen Frühjahr 1991 wurde ein Vertrag zwischen dem Land Baden-Württemberg und unserer BUND-Ortsgruppe BIET geschlossen, der die Wiese als schutzbedürftige Fläche gemäß §16 NatSchG auswies und der BUND-Ortsgruppe BIET gestattete, auf diesem Grundstück den Obstbaumbestand zu ergänzen, zu pflegen und die Obsternte durchzuführen.

In den darauffolgenden Jahren wurde die Wiese in mehreren Pflanzaktionen mit Hochstammbäumen alter einheimischer Obstsorten bepflanzt. Im Herbst 1991 begann unsere BUND-Ortsgruppe zunächst mit der Pflanzung von 109 Obstbäumen. 1993 führten wir eine gemeinsame Aktion mit der Bohrain-Schule Pforzheim durch. Dreizehn Schüler*innen pflanzten 13 Bäume. Eine dritte Pflanzaktion im Jahre 1997 ergänzte den Obstbestand auf insgesamt 180 Bäume. In den folgenden Jahren wurden vereinzelt weitere Bäume nachgepflanzt. Heute stehen auf der Wiese knapp 240 Bäume.

Naturschutz

Im Jahre 2005 wurde unsere Streuobstwiese im Rahmen der europaweiten Natura 2000 in das FFH-Gebiet (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) der Würm-Nagold-Pforte integriert. Als bislang letzten Schritt haben wir die Wiese zertifizieren lassen; seit 2020 ist unsere Streuobstwiese und damit das geerntete Obst biozertifiziert.

Die Pflege der Streuobstwiese

Die Streuobstwiese im Herbst während der Obsternte Die Streuobstwiese im Herbst 2021 zur Erntezeit  (Gitta Giese)

Mahd

Pächter der Wiese an sich ist ein Landwirt aus Hamberg, der zweimal im Jahr extensiv mäht; das heißt die erste Mahd darf nicht vor dem 1. Juli stattfinden. Damit kann die Flora voll ausreifen und der Bestand an Wiesenpflanzen und -blumen bleibt erhalten. In Ergänzung zur jährlichen Mahd der Wiese durch den Pächter führen wir die Mahd in den Baumreihen und um die Bäume eigenständig durch.

Baumschnitt

Damit Obstbäume gesund bleiben und lange leben, müssen sie regelmäßig geschnitten werden. Dies sorgt für ausreichend Licht und Luft in allen Bereichen des Baumes. Zudem wollen wir dafür sorgen, dass die Früchte gleichmäßig an starken Ästen wachsen. Sonst brechen Äste unter der Last oder zu viele Früchte bleiben klein und reifen nicht gut. Für den Baumschnitt laufen wir in der kalten Jahreszeit die Wiese ab, markieren die Bäume, die einen Schnitt brauchen und treffen uns dann mehrmals zum Schneiden, Sägen, Zerkleinern und Aufladen der Äste.

Ernte und Mosten Seit Jahren wird ein Teil der Obsternte zu leckerem Saft verarbeitet (vermostet). Dazu ernten wir im Oktober Äpfel und Birnen und liefern einen Teil direkt zur Mosterei. Den frisch gepressten Saft lassen wir in das "Bag in Box"-System abfüllen. Bei Erträgen von bis zu 4 Tonnen bleibt noch viel Obst übrig, das wir an eine Mosterei verkaufen.

Nistkastenkontrolle

Für einheimischen Vogelarten und Fledermäuse haben wir ca. 80 unterschiedliche Nisthilfen und Bruthöhlen angebracht. Diese Nistkästen werden im Winter gereinigt und der Bestand an Vögel, Fledermäusen und anderen Nutzern wie Siebenschläfern dokumentiert.

Weiterentwicklung und Artenreichtum

Für Wildbienen und Insekten gibt es auf der Fläche mehrere Insektenhotels, die regelmäßig kontrolliert und gegebenenfalls erneuert werden. Immer wieder wurden Eidechsen auf der Wiese gesichtet, so dass wir 2021 mehrere Eidechsenburgen errichtet haben und hoffen, dass sich das Vorkommen verstetigt.